Lösungen für 3D-Scanning

Wie Artec 3D die Ukraine unterstützt

Vom Scan zur Prothese: Nutzung von Artec Eva Lite zur Verbesserung der Lebensqualität von Menschen mit Behinderungen

Viele handelsübliche Geräte oder primäre Hilfsstellen, wie der National Health Service (NHS), erfüllen nicht vollständig die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen. Die gemeinnützige Organisation REMAP mit Sitz in Großbritannien bietet ihnen daher maßgeschneiderte Lösungen. Einer ihrer ehrenamtlichen Mitarbeiter ist der 75-jährige pensionierte Ingenieur Bill Fraser aus der Nähe von Inverness, Schottland. Er half einer Frau namens Karis, die Probleme mit ihrem Atmungssystem hatte. Da sie den Großteil ihres Lebens eine Atemmaske tragen musste, veränderte sich ihr natürliches Gesichtsprofil, sodass ihr eine Standardmaske nun nicht mehr passt.

In einem anderen Fall hatte eine Frau namens Helen auf den Äußeren Hebriden wegen ihrer akuten Hautempfindlichkeit jahrelang mit dem Erledigen alltäglicher Aufgaben zu kämpfen. Von Geburt an fehlen ihr mehrere Finger, weshalb sie keine handelsüblichen Schutzhandschuhe tragen kann.

In beiden Fällen erstreckte sich Frasers Engagement über mehrere Jahre. Eine optimale Lösung ließ sich nur finden, wenn die genaue Form des veränderten Gesichtsprofils oder der Hände genau festgestellt werden kann. Im März 2019 entschloss er sich im Rahmen seiner Nachforschungen dazu, Patrick Thorn vom Gold-zertifizierten Artec 3D-Partner Patrick Thorn & Co. zu kontaktieren, um über die Möglichkeiten eines 3D-Körperscans zu sprechen. Gemeinsam kamen sie schnell zu dem Schluss, dass der 3D-Scanner Artec Eva Lite am besten für die Aufgabe geeignet wäre.

„Alles, was REMAP tut, hängt vollständig an karitativen Spenden und dem freiwilligen Einsatz von Zeit und Material durch seine Mitglieder“, sagt Thorn. „Die Kosten für den Scanner stellten allerdings ein erhebliches Argument gegen den Erwerb eines solchen Geräts dar.“ Gemeinsam erarbeiteten Thorn und Fraser eine maßgeschneiderte Lösung unter Einbeziehung von Rabatten und Pensionsfonds, was es REMAP ermöglichte, den 3D-Scanner Artec Eva Lite von Artec 3D zu erwerben.

Als verschlankte Version des Bestsellers Artec Eva bietet Artec Eva Lite die gleiche Genauigkeit bei reduzierter Funktionalität. Für die Erstellung qualitativ hochwertiger, texturloser Scans und die Arbeit mit geometriereichen Objekten, wie etwa menschlichen Körperteilen, ist Artec Eva Lite folglich völlig ausreichend. Als relativ kostengünstige Option eignet sich der 3D-Scanner ideal für alle, die einen professionellen 3D-Scanner erwerben möchten, ohne jedoch ein großes Budget zur Verfügung zu haben.

Mit dem Scanner Artec Eva Lite im Gepäck trafen Thorn, Fraser und dessen REMAP-Kollegen in Edinburgh, Schottland, ein. Er zeigte ihnen, wie 3D-Scans hergestellt werden und erklärte die Vorzüge des Scanners. Außerdem erläuterte er einige weitere Ideen, wie man Scans noch mit anderen 3D-Programmen nutzen könnte. Obwohl Fraser noch keinerlei Erfahrung mit diesem Verfahren hatte, konnte er die Scans beider Frauen schon wenige Tage nach Thorns Besuch erfolgreich anfertigen.

Erstellung einer angepassten Atemmaske mithilfe eines Gesichtsscans

Aufgrund einer angeborenen Muskeldystophie ist eine junge Frau namens Karis körperlich an den Rollstuhl gefesselt und vollständig auf die Unterstützung ihrer Betreuer angewiesen. Seit vielen Jahren benötigt sie ein Beatmungsgerät und eine Vollmaske, um ihre Atmung wirksam zu unterstützen. Dennoch ist sie aufgeweckt, intelligent und hat – trotz aller Komplikationen, mit denen sie zu kämpfen hat – eine positive und kommunikative Lebenseinstellung.

Da sie über viele Jahre hinweg immerzu eine Gesichtsmaske tragen musste, hat sich ihr natürliches Gesichtsprofil allmählich verändert. Das bedeutet, dass eine Standard-Gesichtsmaske nicht mehr ausreichend dicht auf ihrem Gesicht auflag. Die Folge war eine zunehmend unzureichende Atemfunktion, was wiederum ihre Gesundheit und Lebensqualität ernsthaft zu beeinträchtigen drohte. Es musste also ein Weg gefunden werden, um die Abdichtung zwischen ihrer Maske und ihrem veränderten Gesichtsprofil zu verbessern.

„Die Standardmaske besteht aus einer starren Kunststoffschale, die mit einer hochentwickelten, biegsamen Silikonlippen-Dichtung versehen ist“, erklärt Bill Fraser. „Diese dichtet sehr effektiv gegen eine Reihe normaler Gesichtsprofile ab, um den positiven Druck innerhalb der Maske einzudämmen, wenn sich die Lungen füllen. Als sich ihr Gesichtsprofil änderte, waren ihre Betreuer gezwungen, die Kopfbänder der Maske immer enger zu ziehen, um eine wirksame Abdichtung zwischen der Standardmaske und ihrem Gesicht aufrechtzuerhalten“. Dies verschlimmerte jedoch den Schaden, den die Maske in ihrem Gesicht anrichtete.

Bill Fraser hatte für sie bereits eine Modifikation der Maskendichtung ausgearbeitet, die von 2015 bis 2019 gut funktioniert hatte. Aufgrund laufender Veränderungen an ihrem Gesicht begann sich nun jedoch über diese Modifikation hinaus wieder eine Lücke zu entwickeln. Eine Lösung dieses Problems erforderte nun eine neue Maske, die speziell für die junge Frau entworfen werden musste. Dazu musste aber ihr Gesicht gescannt werden, um die genaue Geometrie ihres Gesichtsprofils zu erhalten. Jeder Scan-Vorgang musste zudem sehr schnell gehen, denn ohne ihre Maske konnte sie nicht atmen. Doch Fraser brauchte mit dem 3D-Scanner Artec Eva Lite weniger als 30 Sekunden, um einen detaillierten Scan ihres Gesichtsprofils zu erstellen. Die Arbeit an der Erstellung der benutzerdefinierten Maske konnte dann beginnen.

Die ursprüngliche Standardmaskenschale, die spezialangefertigte Erweiterung und die Silikondichtung

Damit Karis nicht erneut ihre Maske abnehmen und somit ihre Atmung unterbrechen musste, um den Fortschritt der Arbeiten zu kontrollieren, wurde ein 3D-Ausdruck ihres Gesichts auf Grundlage der Scandaten erstellt. Die ursprüngliche Silikonlippendichtung wurde sorgfältig von der Schale der Standardmaske gelöst. Anschließend wurde ein detaillierter Scan des freiliegenden Randes der starren Maskenschale gemacht. Eine 3D-Design-Software berechnete die Form eines Erweiterungsstücks, indem die Kante der ursprünglichen Schale digital mit dem gescannten Bild des Gesichtsprofils abgeglichen wurde. Das erforderliche Erweiterungsstück wurde dann physisch durch 3D-Drucken der berechneten Form aus PLA erstellt. Schließlich wurde die Innenkante des Verlängerungsstücks mit der ursprünglichen Maskenschale verklebt, bevor die ursprüngliche Silikonlippendichtung auf die Außenkante des Verlängerungsstücks geklebt wurde.

Vergleich der Originalmaske (links) und der für Karis angepassten Maske (rechts)

Diese Modifikationen ermöglichten es der Lippendichtung wie vorgesehen zu funktionieren und die Maske mit deutlich reduzierter Spannung in den Maskenkopfbändern mit dem Gesicht abzudichten. Die Atemfunktion wurde wiederhergestellt, und die Maske ist jetzt angenehmer zu tragen. Es wird aber weiter daran gearbeitet, die Form des Verlängerungsstücks zu verfeinern und die Leistung der Maske zu verbessern.

„Diese bemerkenswerte junge Dame lässt nicht zu, dass die erheblichen Schwierigkeiten, mit denen sie zu kämpfen hat, ihre positive und enthusiastische Lebenseinstellung in irgendeiner Weise schmälern“, sagt Bill Fraser. „Mein Dank gilt Artec 3D, das uns die Beschaffung des notwendigen Scanners für diese Arbeit erleichtert hat.“

Karis mit David Attenborough beim Dinner zum 50. Jahrestag der Open University in London. (Foto mit freundlicher Genehmigung der Open University)

Eine Handschuhanfertigung mittels sicherem Hand-Scan und 3D-Druck

Das zweite REMAP-Projekt mit Artec Eva Lite war die Unterstützung von Helen, einer auf den abgelegenen Äußeren Hebriden (auch bekannt als die westlichen Inseln) in Großbritannien lebenden Frau. Ihr fehlen von Geburt an mehrere Finger und sie leidet an einer extremen Form von dermatologischer Empfindlichkeit. Dies führt dazu, dass die Haut an ihren Händen schon nach geringfügigem Kontakt mit eigentlich harmlosen Substanzen, etwa Haushaltsreinigern, Toilettenartikeln, Säften und auch bei Sonnenlicht, reagiert und sich aufbläht. Nach diesen Reaktionen fällt es der alleinlebenden Frau schwer, sich zu waschen, zu putzen oder zu kochen, bis die Haut an ihren Händen verheilt ist. Das kann mehrere Wochen dauern, in denen sie auch nur den geringsten Kontakt mit einem der vielen potenziellen Reizstoffe strikt vermeiden muss, damit die Reaktion abklingt und sich ihre Haut erholen kann.

Helens Hände (Foto mit freundlicher Genehmigung von Helen)

Probleme wie diese werden normalerweise durch die Verwendung von Einweg-Schutzhandschuhen oder einer geeigneten Creme gelöst. Helen hat viele davon ausprobiert, aber ihre akute Hautempfindlichkeit führte bei jedem getesteten Produkt zu einer unerwünschten Reaktion. Seit Jahren hat sie auch versucht, sich anzupassen und verschiedene handelsübliche Handschuhe verwendet, um ihre Hände zu schützen. „Es wurden zahlreiche Versuche durchgeführt, darunter die manuelle Modifizierung von Baumwollhandschuhen, das Abschneiden der Finger von Standard-Einmalhandschuhen und deren Wiederverschließen, das Umdrehen der Finger und die Verankerung der umgedrehten Finger im Inneren des Handschuhs“, sagt Fraser. „Keiner dieser Ansätze liefert eine praktikable Lösung. Wir haben sogar untersucht, ob Prothesenfinger eine Möglichkeit bieten könnten, normale Handschuhe zu tragen.“

REMAP verbrauchte auch Zeit damit, weltweit die Verfügbarkeit maßgeschneiderter Handschuhe zu recherchieren, aber es wurde keine erschwingliche Lösung gefunden. Seit Jahren sucht Helen auch selbst nach möglichen Lösungen. Schließlich gelang ihr im Oktober 2018 ein Durchbruch, als sie feststellte, dass ihre Haut mit einem Silikonkautschuk-Erzeugnis namens Dragon Skin, das in der Film- und Theaterindustrie zur Erzeugung von Spezialeffekten verwendet wird, kompatibel zu sein schien. Die Herausforderung bestand für Fraser nun darin, Handschuhe aus Dragon Skin herzustellen, die auf ihre Hände passen und die sie dauerhaft tragen kann.

Zunächst gab es die Idee, die Form der Hände abzubilden, indem sie mit Formgel umgossen werden. Nach dem Aushärten des Gussgels würde die Hand aus der Form gezogen und die Form zum Guss eines Replikatmodells verwendet. Obwohl Helen dazu bereit war wollte REMAP nicht riskieren, dass sich die Haut aufbläht, wenn ihre Hände mit dem Gel in Kontakt kämen. Es stellte sich bald heraus, dass ein 3D-Scan der Hände die einzige sichere Methode war, um das Projekt voranzubringen. Aufgrund des abgelegenen Wohnorts der Frau – selbst ein kurzer Besuch vom Festland aus dauert drei volle Tage und kostet mehrere hundert Pfund – wurde versucht, diesen Scan für REMAP von einer anderen, näher gelegenen Organisation durchführen zu lassen. Eine solche Organisation konnte jedoch nicht gefunden werden. Die Weiterführung des Projekts war nun davon abhängig, ob REMAP selbst die erforderlichen 3D-Scans der Hände beschaffen konnte.

Die 3D-Ausdrucke von Helens Händen

Nachdem Artec Eva Lite von Thorn an REMAP geliefert worden war, ließ man keine Zeit mehr verstreichen. Im Juni 2019 reiste Fraser auf die Inseln, traf die Schottin dabei zum ersten Mal von Angesicht zu Angesicht und scannte ihre Hände in 3D. Die entstandenen Scans bearbeitete er anschließend digital, fügte Stulpen hinzu und passte die Abmessungen an. Dadurch stellte er sicher, dass die Handschuhe später beim An- und wieder Ausziehen genug Spielraum haben würden. Der nächste Schritt bestand darin, 3D-Ausdrucke dieser Handschuhmodelle zu erhalten.

„Die begrenzte Größe der verfügbaren 3D-Drucker bedeutete, dass jede Handschuhform in zwei Teilen gedruckt und anschließend zusammengefügt werden musste“, erklärt Fraser. „Dragon Skin ist ein Silikonkautschuk aus zwei Komponenten. Bis zur Aushärtung ist die Mischung ziemlich flüssig und neigt dazu, allmählich abzusinken. Daher musste eine Drehvorrichtung entworfen und konstruiert werden, damit die aufeinanderfolgenden Schichten von Dragon Skin, die auf die Formen aufgetragen werden, gleichmäßig verteilt blieben und so Handschuhe mit gleichmäßigem Profil ergeben.“

Es gibt verschiedene Arten von Dragon Skin, die im ausgehärteten Zustand jeweils eine andere Kombination aus Festigkeit und Flexibilität bieten. Helen beschaffte sich mehrere Proben, um deren Verträglichkeit mit ihrer Haut zu überprüfen. Sie benutzte diese Proben auch, um die Eignung als Material für Schutzhandschuhe zu beurteilen. Letztendlich schlug sie Fraser drei Sorten vor, von denen sie dachte, dass sie funktionieren könnten. Fraser stellte dann mehrere Handschuhpaare her, wobei er die Sorten und die Anzahl der Schichten variierte, sodass die Schottin ausprobieren und beurteilen konnte, welche die beste Lösung bot.

Die erste Charge maßgefertigter Handschuhe neben den auf der Drehvorrichtung montierten Formen.

Nun hat die Frau die erste Lieferung erhalten und ist dabei sie zu testen. Während das Team noch an Verbesserungen des Endprodukts arbeitet, hat sie bereits einen Unterschied festgestellt: „Ich kann wohl nicht einmal ansatzweise beschreiben, wie viel einfacher es ist, wenn keine Handschuhfinger teilweise abstehen oder aber die Handschuhe auf die eingeklemmten Finger drücken“.

Abschließend

Die Entwicklung weiterer Verbesserungen sowohl der Gesichtsmaske als auch der Handschuhe ist zurzeit im Gange. Eins ist jedoch jetzt schon klar ersichtlich: Weder die Gesichtsform noch die Form von der Hände hätte ohne die Anwendung von 3D-Scantechnologie angemessen ermittelt werden können. „Der Scanner Artec Eva Lite hat uns diese Technologie geliefert“, sagt Fraser. „Ohne ihn und ohne Thorns Unterstützung wäre keines der Projekte mit der für eine effektive Lösung erforderlichen Genauigkeit verwirklicht worden.“

„Für eine Organisation wie REMAP arbeiten zu können und die Möglichkeit zu haben, dort zu helfen, wo nichts anderes zur Verfügung steht, ist für mich ein Privileg“, so Bill Fraser. Bedauerlicherweise scheint es in diesen Zeiten stark eingeschränkter Möglichkeiten oft so zu sein, dass die Betroffenen das Gefühl haben, von Organisationen im Stich gelassen zu werden, wenn sie besonders auf die benötigte Hilfe angewiesen sind. REMAP setzt seine Arbeit fort, um maßgeschneiderte Lösungen für Menschen mit Behinderungen zu finden, deren Einschränkungen im Alltag Probleme bereiten und sich daher besonderen Herausforderungen stellen müssen.

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