Wie der 3D-Scanner Artec Eva die Nachrüstung eines 87 Jahre alten französischen Wasserkraftwerks unterstützte
Herausforderung:Umfassende Dokumentation der physikalischen Maße zweier massiver Saugrohre im Rahmen eines zeitlich knapp geplanten Projekts zur Nachrüstung eines veralteten Wasserkraftwerks mit zwei neuen Turbinen. Würden die Maße des Saugrohrs nur minimal abweichen, drohten dem Auftragnehmer nicht nur empfindliche Strafen wegen Nichteinhaltung der Projektspezifikationen. Eine fehlerhafte Konstruktion könnte auch zu tragischen Unfällen führen.
Lösung:Artec Eva, Artec Studio, SOLIDWORKS
Ergebnis:Mit Hilfe von Artec Eva wurde jedes Saugrohr in etwa fünf Stunden komplett erfasst, was deutlich innerhalb des Projektzeitrahmens blieb. Anschließend wurden aus den Scans millimetergenaue CAD-Modelle erstellt, die umgehend an den Turbinenhersteller geliefert wurden. Dieser konnte die Modelle anschließend für die Konstruktion und Fertigung der neuen Turbinen verwenden.
Scanning the end of the hydroelectric draft tube with Artec Eva
Tief im Herzen des französischen Juragebirges stand der Ingenieur Damien Delmont mit seinem handgeführten3D-Scanner Artec Evain einer langen Betonröhre und starrte in die Dunkelheit hinauf zu der unbeweglichen Turbine vier Meter über ihm. Darin hielten zwei alte Ventile Millionen von Litern strömendes Wasser auf der anderen Seite zurück. Es war an der Zeit, das veraltete Wasserkraftwerk mit zwei neuen Turbinen auf Basis modernster Scantechnologie nachzurüsten.
In den folgenden Stunden erfassten Delmont und sein Projektpartner Guillaume Demarche jeden Quadratmillimeter des massiven Saugrohrs, indem sie mit Hilfe eines Gerüsts in den oberen Bereich der Struktur unter der Turbine hinaufstiegen.
Das Team musste schnell arbeiten. Jede zusätzliche Stunde, in der die Turbine abgeschaltet blieb, bedeutete einen Einnahmeverlust für das Kraftwerk, das bei voller Leistung mehr als 10 Megawatt Strom erzeugt – genug, um 5.000 Haushalte zu versorgen.
Erschwerend kam hinzu, dass das Werk zuletzt im Ausnahmezustand betrieben wurde und kurz vor der Evakuierung stand, da der Wasserstand des Flusses bis zur Hochwasserstufe gestiegen war.
Zeit für eine Nachrüstung nach 87 Jahren
Das Wasserkraftwerk wurde im Jahr 1934 von deutschen Ingenieuren nach dem ersten Weltkrieg gebaut und ist seitdem in Betrieb. Als es an der Zeit war, die ersten zwei der insgesamt vier Francis-Turbinen des Kraftwerks zu ersetzen, erkannte der mit dem Projekt beauftragte Bauunternehmer schnell die Komplexität der vor ihm liegenden Aufgabe.
Überwachung des Wasserstandes am Wasserkraftwerk
Für den Entwurf optimal funktionierender Einheiten für die Anlage musste der Turbinenhersteller zunächst die genauen Abmessungen der riesigen, unregelmäßig geformten Saugrohre in Erfahrung bringen. Diese dienen zur Abfuhr des Wassers, damit dieses durch die Turbinen und anschließend in den Fluss abgeleitet werden kann.
Bei ungenauen Messungen würden die Turbinen nicht die angegebene elektrische Leistung erbringen und somit die Leistungsstandards der Anlage nicht erfüllen. Im schlimmsten Fall können fehlerhafte Messungen nicht nur zu Leistungsverlusten, sondern auch zu Kavitation und hohen Turbinenvibrationen führen, die zu schwerwiegenden Unfällen führen können. Dies war im Jahr 2009 im Wasserkraftwerk Sayano-Shushenskaya der Fall.
Detaillierte Dokumentation erforderlich
Die ursprünglichen Pläne der Saugrohre existieren zwar noch, doch haben sich ihre Maße in den fast neun Jahrzehnten seit ihrer Anfertigung enorm verändert. So konnten die ursprünglichen Angaben nicht mehr als zuverlässige technische Dokumentation verwendet werden.
Abgesehen von den unmittelbaren physischen Schäden an der Anlage drohen dem Turbinenhersteller und dem Projektträger bei Nichteinhaltung der Spezifikationen schwere Strafen wie Geldbußen und Rufschädigung.
Die herkömmlichen Messmethoden waren nicht ausreichend, um die Rohre innerhalb des Projektzeitrahmens genau zu dokumentieren. Deswegen wandte sich der Auftragnehmer an Damien Delmont von3DLM, einem Spezialisten für Engineering und 3D-Scannen für industrielle Anwendungen, inklusive Nachrüstung, Inspektion und das Reverse Engineering von alten Strukturen und Komponenten.
Delmont erläutert: „Hätten die Zugrohre eine einfache geometrische Form, könnten sie leicht mit herkömmlichen Werkzeugen gemessen werden. Aber das war nicht der Fall. Deshalb haben wir uns für 3D-Scans entschieden, um millimetergenaue CAD-Modelle dieser Rohre zu erstellen.“
Auf der Suche nach dem richtigen 3D-Scanner
Als Delmont vor einigen Jahren sein Ingenieurbüro gründete, machte er sich auf die Suche nach einem 3D-Scanner, der seine hohen Anforderungen erfüllte.
Nachdem er sich mit dem Gold-zertifizierten Artec PartnerBoreal 3Din Verbindung gesetzt und Demarche getroffen hatte, wurde ihm bald ein dreidimensionaler Scanner von Artec 3D präsentiert. Artec Eva istein professioneller handgeführter 3D-Scannermit Submillimeter-Genauigkeit, der von Ingenieuren und anderen Spezialisten weltweit eingesetzt wird.
Der 3D-Scanner Artec Eva
Delmont weiter:„Diese Art von Projekt erforderte die Einhaltung strenger Fristen. Mit dem Scanner Artec Eva konnten wir innerhalb weniger Stunden die gesamten zwölf Meter des Saugrohrs so präzise erfassen, dass das CAD-Modell für die Analysen und CFD-Simulationen (Computational Fluid Dynamics), die für den Bau der neuen Turbine erforderlich waren, verwendet werden konnte.Hätten wir die Ergebnisse nicht innerhalb des angegebenen Zeitrahmens geliefert, wären alle anderen Projektteilnehmer in Mitleidenschaft gezogen worden. Das hätte auch unsere Chancen auf eine Teilnahme an künftigen Projekten geschmälert.“
Schrittweises Scannen ermöglicht Erfassung eines überdimensional großen Objekts
Angesichts des nahenden Abgabetermins sowie der Größe und Komplexität des Projekts wurde Guillaume Demarche zur Unterstützung hinzugezogen. Nach sorgfältiger Planung erreichten sie das Wasserkraftwerk und legten ihre weitere Strategie fest.
Um die Scans während der Verarbeitungsphase in derSoftware Artec Studioschneller ausrichten zu können, wurde die Wand des Zugrohrs mit Sprühfarbe behandelt, um zehn separate Abschnitte für das Scannen zu kennzeichnen.
Guillaume Demarche von Boreal scannt das Saugrohr mit Artec Eva
Durch dieses abschnittsweise Vorgehen waren die Spezialisten außerdem besser auf Notfälle vorbereitet, die eine sofortige Evakuierung aus dem Saugrohr erforderlich gemacht hätten. Zur Verdeutlichung: Während das Team scannte, war das Wasser nur zehn Zentimeter von der Oberkante des Dammes entfernt und damit unmittelbar vor dem Abschnitt, in dem sich die beiden Männer befanden.
Sicherheitsingenieure überwachten auf dem Damm konstant den Wasserstand. Hätte sich das Wetter auch nur ein paar Kilometer flussaufwärts verschlechtert, wäre der Wasserstand auf ein gefährliches Niveau angestiegen. In diesem Fall hätte das Team weniger als eine Minute Zeit gehabt, die gesamte Ausrüstung einzupacken und aus dem Saugrohr zu entkommen.
Scannen in Dunkelheit und umringt von Wasser
Ein ständiger Hinweis auf das Risiko war das Wasser, das in das Saugrohr strömte – etwa zehn Liter pro Minute, die durch die Ventile oberhalb flossen. Im Gegensatz zu Ventilen und Wasserhähnen in Privathaushalten sind diese älteren Ventile so konzipiert, dass sie nur geringe Wassermengen durchlassen. Um die unmittelbare Gefahr eines Wasserschadens zu vermeiden, baute das Team einen behelfsmäßigen Holztisch, auf dem es die Computer und Geräte abstellte.
Das Wasser beeinträchtigte die Abtastung keineswegs.„Obwohl der Boden des Saugrohrs an einigen Stellen bis zu zwei Zentimeter hoch mit Wasser bedeckt war, hat Artec Eva diese Bereiche perfekt gescannt”,so Delmont.
Guillaume Demarche von Boreal bei der Aufnahme des oberen Teils des Saugrohrs mit Artec Eva
Delmont fährt weiter fort: „Ich habe gehört, dass 3D-Scanner selbst mit einer dünnen Wasserschicht Probleme haben können. Das was aber nicht der Fall für Artec Eva. Um ganz sicher zu gehen, habe ich diese Bereiche mit Lasertelemetrie überprüft und festgestellt, dass die Messungen absolut präzise waren.“
Das Scannen eines jeden Abschnitts dauerte etwa eine halbe Stunde. Die gesamte Röhre war in etwa fünf Stunden erfasst.
„Der Scanner Artec Eva erwies sich als ideal geeignet für diese Art von Arbeit. Er ist äußerst präzise und ermöglicht es uns, in einer feucht-nassen und damit technikfeindlichen Umgebung, in völliger Dunkelheit und ohne Steckdosen zu scannen”, so Delmont.
Erstellung von CAD-Modellen für Nachrüstungen und Inspektione
Beim Scannen entdeckte Delmont eine fünf bis zehn Millimeter dicke Mineralschicht an den Wänden der Saugrohre, die sich im Laufe der Jahrzehnte durch die unzähligen Millionen Liter Wasser, die durch die Rohre geflossen waren, abgelagert hatte.
Solche Ablagerungen beeinflussen die Strömungseigenschaften durch das Rohr und mussten im resultierenden 3D-Modell genau dokumentiert werden, da sonst die anschließenden CFD-Simulationen nicht die tatsächlichen Durchflussraten des Wassers widerspiegeln würden.
Nach dem 3D-Scannen war es an der Zeit, die Scans zu einem CAD-Modell zu verarbeiten. „Die Scanverarbeitung in Artec Studio war kein großer Aufwand und ermöglichte es uns, innerhalb des geplanten Zeitrahmens zu bleiben“, erläutert Demarche. „Nach einer minimalen Bereinigung habe ich die zehn gescannten Abschnitte ausgerichtet und ein einziges 3D-Modell erstellt, das alle Oberflächen des gesamten Zugrohrs umfasst.“
Endgültiges 3D-Modell des gesamten hydroelektrischen Saugrohrs, gescannt mit Artec Eva
Scan-to-CAD-Werkzeuge von Artec Studio ermöglichen optimale Ergebnisse
Im Anschluss daran nutzte Delmont die Scan-to-CAD-Funktionen von Artec Studio, um das 3D-Modell des Saugrohrs mit CAD-Primitivformen zu versehen. Anschließend exportierte er diese Formen als STP-Dateien inSOLIDWORKS, die er als Referenzen für das Skizzieren, Zeichnen und Extrudieren des CAD-Modells des Saugrohrs verwendete.
Delmont unterstreicht die Bedeutung der Scan-to-CAD-Funktionalität: „Wenn eine Phase des Arbeitsablaufs zu viel Zeit in Anspruch nimmt, verringert dies unsere Effizienz und erhöht unsere Kosten. Damit werden unsere Chancen geschmälert, wettbewerbsfähig zu bleiben und neue Projekte zu gewinnen.Indem wir nur wenige Augenblicke nach dem Scannen eines Objekts CAD-Primitive direkt aus dem Scan in Artec Studio erstellen, verkürzen wir den Arbeitsablauf immens, ohne dabei Abstriche bei der Qualität zu machen.“
Perfekt erfasst ab dem ersten Scan
Delmont fügt hinzu:„Artec Eva ermöglicht es, alle Dimensionen eines massiven und ungleichmäßigen Objekts wie einem Wasserkraftwerk auf Anhieb zu erfassen. Dies bedeutet, dass keine zweite Scanrunde erforderlich ist und die Anlage nicht erneut angehalten werden muss. Wenn man mit der Verarbeitung der Scans beginnt und feststellt, dass einige Oberflächendaten fehlen, kann die Rückkehr zur Anlage und das Anhalten der Turbinen für den Kunden sehr teuer werden, da ihm Einnahmen entgehen. Wenn wir einen Scanauftrag mit Artec Eva abschließen, können wir mit Gewissheit davon ausgehen, dass alle Daten bis auf den letzten Millimeter vorhanden sein werden.“
Nach Fertigstellung des CAD-Modells – weit vor Ablauf der Frist – schickte Delmont es an den Kunden, der es wiederum an den Turbinenhersteller weiterleitete. Das Modell entsprach allen Spezifikationen und wurde sofort für CFD-Simulationen und andere Analysen verwendet.
CAD-Modell des Saugrohrs, basierend auf Scans von Artec Eva
Wochen später kehrte das Team zum Wasserkraftwerk zurück, scannte das zweite Saugrohr und erstellte im bewährten Arbeitsablauf ein CAD-Modell.
Präzise CAD-Modelle für künftige Nachrüstungen
Da die CAD-Modelle beider Rohre zur Verfügung stehen, können sie auch als Referenzmodelle für die Inspektion der Rohre durch3D-Scannenverwendet werden, etwa in der Software Artec Studio unter Verwendung der Werkzeuge zur Kartierung des Oberflächenabstands. Alle Unterschiede zwischen dem CAD-Modell und dem Scan werden in einer einfach lesbaren farbigen Wärmekarte angezeigt.
Heute gibt es allein in Frankreich Dutzende solcher alter Wasserkraftwerke, die nachgerüstet werden müssen – und weltweit Hunderte oder gar Tausende in anderen Ländern.
Wenn es um das technische Fachwissen für diese Projekte geht, stellt sich nach Delmonts Worten lediglich die Frage nach der erforderlichen Genauigkeit. Denn lediglich einfache Objekte erfordern nur eine Ebene.
„Viele Unternehmen akzeptieren geringere Genauigkeitstoleranzen bei kleinen, entscheidenden Aspekten eines Bauteils, während andere Unternehmen selbst bei Abschnitten, die dies nicht erfordern würden, auf höchste Toleranzen für das gesamte Bauteil drängen. Diese Ansätze sind jedoch nicht nur fehlerhaft, sondern führen auch zu längeren Projektzeiten, vergeudeten Ressourcen, höheren Kosten und schließlich zu schlechteren Ergebnissen”, so Delmont.
Übernahme komplexer Projekte, für die es keine Originalunterlagen gibt
„Die größte Herausforderung bei der Nachrüstung von sehr großen Objekten wie den Saugrohren mit verschiedenen Abschnitten unterschiedlicher Komplexität besteht darin, ein optimales Maß an Genauigkeit zu erreichen – und gleichzeitig die eigene Art des Retro-Engineerings an jedes einzelne Projekt anzupassen. Bei jedem Projekt, das ich mit Artec Eva durchgeführt habe, erwies sich der 3D-Scanner als eine hilfreiches Werkzeug, wenn keine Originalzeichnungen oder -dokumente gefunden werden konnten. Und das ist immerhin bei etwa 70 Prozent aller Nachrüstungsprojekte, mit denen wir bislang zu tun hatten, der Fall. Mit Artec Eva erstelle ich präzise Messungen und CAD-Modelle von Objekten jedweder Größe, ob nur wenige Zentimeter oder viele Meter lang. Ich bin der Meinung, dass die Vielseitigkeit des Scanners eine der größten Stärken von Artec Eva ist. Die daraus resultierenden CAD-Modelle sind unverzichtbar für jedwede Art von Zwecken – von Nachrüstungen über Inspektionen bis hin zur Wartung und vielem mehr.“
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